Sonntag, 11. Mai 2014

Zwei Lieder und ein Maidan Becher


Gestern hat es in Kiew geregnet. Um schneller das Cafe zu erreichen, wo wir leckeren Borsch essen wollen, muss man über den Maidan laufen. 

Ein Mann spricht uns an und fragt, ob wir einen alten Wasserkocher zu Hause hätten.Wir sagen, dass wir nicht in Kiew wohnen. "Wo kommt ihr her?" fragt er. 

Alisa erzählt, dass sie aus Moldau kommt. Der Mann strahlt. Leuchtend gibt er seine Hand und sagt: "Willkommen auf dem Maidan, Schwester! Ich bin Grigore und komme aus Moldau!" Seit dem Beginn der Proteste ist Grigore auf dem Maidan. Die Heimat hat er schon vor vier Jahren verlassen und nach Kiew gezogen, auf der Suche nach einem besseren Leben. 

Er erzählt uns von der Nacht, als die ersten Schüsse fielen. Vor der Kamera will er nicht reden. Für ihn sei das die schlimmste Nacht seines Lebens gewesen. Wir fragen ihn, wer geschossen hat. Es seien ausländische Söldner gewesen, gesteuert von den Janukowitsch Leuten. "Unter anderem Französische Fremdenlegion", gibt er als Ergänzung dazu. 


Wir fragen ihn, ob die Gerüchte stimmen, dass der Maidan am 25. Mai aufgeräumt wird. "Blödsinn! Vertraut nicht den Gerüchten oder Nachrichten". Die Regierung habe Angst, das Schicksal von Janukowitsch zu wiederholen, so Grigore. Er sei mit der Übergangsregierung nicht zufrieden. "Dafür haben wir nicht gekämpft".

Er versichert, dass der Maidan sicher sei und kein Mensch Angst haben muss, hier zu laufen. Einige Minuten später kommt er mit einem Becher zurück - ein Geschenk für uns.

In seiner anderen Hand hält er eine alte verkratzte Soundbox. Ein Lied ist auf Rumänisch:

https://soundcloud.com/alisa-bauchina/maidan-song-romanian

Das andere auf Russisch. Ein Lied über die Ukraine. Die Übersetzung ins deutsche ist drunter.

https://soundcloud.com/alisa-bauchina/maidan-song-russian
Übersetzung:

Bei uns ist kein Gericht,
Aus Femida wurde ein Bazar gemacht.
Wo sind deine Augen, Femida?
Im Land gibt es keine Macht,
die Regierung ist eine Schande.
Unser Volk ist unter Angst und
Angst ist schon zur Gewohnheit geworden.
Vielleicht wachen wir auf, Brüder?
Vielleicht können wir eine Nation werden.

Im Land voller Lügen und Gesetzlosigkeit,
wo du morgens raus gehst, um Brot zu kaufen,
Und abends schon im Straflager landest.
Wo ist Gerechtigkeit?
Dort, wo man nicht nach Schuldigen sucht.
Wo sind die, die keine Angst vor Wahrheit haben?
Die „Idioten“ stecken sie ins Gefängnis.

Die Macht ist ein Synonym für Kriminalität,
Ja, so ist es in meinem Land!
Mein Volk ist gefesselt,
So einen “Heiligen“ habt ihr alle gewählt.
Über dich bestimmen die,
Die es sich im Leben gut gemacht haben.
Sie fühlen sich wie Götter, diese Korrupten,
Aber im Gottesreich gibt es keinen Platz für sie.
Am Beispiel einer Familie folgt man
dem Schicksal des ganzen Landes.

Die Hunde in blauen Uniformen
ordnen die Menschen in Schichten.
Nur die, die davor richtig gesät haben,
Können aus der Scheiße raus.
In diesem Dreck existiert kein Gewissen
oder das Wort „Wahrheit“.
Wenn wir wieder schweigen,
Dann werden wir morgen
Nur in Todesanzeigen gezeigt.

Mama, ich wurde als guter und ehrlicher
Mensch erzogen,
Sag mir warum ich seit dreizehn Jahre
Keine Briefe vom Vater bekomme?
In meinem großen Land
Ist mein kleines Schicksal nicht interessant.
Du sagtest, die Wahrheit existiert,
Aber es gibt keine Wahrheit.

Warum ist der Papa schon so lange
im Gefängnis? Wofür?
Weil er mir was Gutes beigebracht hat
und bei ihm lernte ich,
die Heimat zu lieben.
Bei so einer Situation
Bleibt mir nur der Glaube,
dass mein Land irgendwann
wahrheitsgetreu leben wird.

Im Land herrscht Chaos.
Uns wird gesagt,
es herrsche Ordnung.
Ja, ordentlich werden Unschuldige
ins Gefängnis geschickt.
Ordentlich werden die Menschen belogen.
Im Laufe des Tages werden mehrere
Schicksale auch ordentlich kaputt gemacht.

Mein Volk schweigt aus Angst
Die anderen bleiben
in Kneipen. Denen ist es egal
wie es dir geht, mein Volk.
Einige schlafen bei den Fischen.
Einige verstehen
die guten Parolen falsch,
Einige verstecken sich aus Angst
Handeln zu müssen.
Einige können nur plaudern,
Die anderen beantragen ein Visum.
Abhauen ist keine Lösung,
Wer wartet dort auf uns?!
Und ich hab mich an diese Menschen
gewöhnt. Bin es gewohnt
ehrlich zu sein, sogar zu diesen
ordinären Geschichten.
Nur was hier täglich passiert,
daran gewöhne ich mich nicht.
Danke. Brüder, dass ihr meine
Lieder postet, aber so können
wir die ansässige Cosa Nostra
nicht zerschlagen.
Aber diese Nostra sind doch
zu schlagen, da wir nicht
aus Butter gemacht sind.
Vergiss nicht dein Gehirn einzuschalten,
sonst brechen sie deine Knochen.

Mama, ich wurde als guter und ehrlicher
Mensch erzogen,
Sag mir warum ich seit dreizehn Jahre
Keine Briefe vom Vater bekomme?
In meinem großen Land
Ist mein kleines Schicksal nicht interessant.
Du sagtest, die Wahrheit existiert,
Aber es gibt keine Wahrheit.

Warum ist der Papa schon so lange
im Gefängnis? Wofür?
Weil er mir was Gutes beigebracht hat
und bei ihm lernte ich,
die Heimat zu lieben.
Bei so einer Situation
Bleibt mir nur die Glaube,
dass mein Land irgendwann
wahrheitsgetreu leben wird.

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